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Berufsbilder in der chemischen Industrie

Chemiker


Im 19 Jh. kam es zu einer Professionialisierung der Techniker. Der praktische Chemiker, wie ihn noch Traugott Sandmeyer darstellte, wurde nach und nach von den Doctores der Hochschulen verdrĂ€ngt. Diese nahmen in den GrĂŒnderjahren verschiedene Rollen ein:

  • Anbieter von Produktionsgeheimnissen
  • Industrieberater
  • GrĂŒnder oder MitgrĂŒnder von Unternehmen
  • Experten fĂŒr die Behörden

Ab 1880 wurde ihre Rollen genauer definiert. Es sind fortan Forschungschemiker mit individuellen VertrÀgen, die beachtliche Gewinne an ihren Erfindungen vorsahen. In der Organisation ihrer Forschung waren sie weitgehend frei. Mit diesen Anstellungsbedingungen brachten sie es zu einem guten Einkommen. Sie lebten eine betonte Gruppenkultur mit der Pflege der Beziehungen unter den Studentenkollegen. Die Chemiker gelangten z.T. ins Management der Unternehmen und kamen dort in Konkurrenz zu anderen Gruppen wie den Juristen oder den Kaufleuten.

Die Diversifikation der Produktionen brachte den Abstieg des Berufsbilds der Chemiker mit sich. Es brauchte sowohl in der Forschung wie im Management nun Akademiker. FĂŒr die Heilmittelforschung wurde der Mediziner wichtig, z.T. auch der Apotheker. Apotheker fingen meist zuerst meist als Berater an, bis sie in die Forschung und dann ins Management gelangten. FĂŒr die Entwicklung der Pestizide waren Biologen gefragt.

Die Chemiker bekamen aber auch die Konkurrenz von unten zu spĂŒren durch Chemiker der HTL, AbgĂ€nger der höheren technischen Lehranstalt. Oft endeten Karrieren in endloser Routineforschung oder in einer Stellung als Betriebsleiter. Frauen kamen als Chemiker praktisch keine vor. Zu den wissenschaftlichen VortrĂ€gen der Geigy-JubilĂ€umsveranstaltung 1958 waren nur MĂ€nner zugelassen.

Siehe auch Chemiker

Laborant/innen

Anfangs waren Laboranten und spĂ€ter auch Laborantinnen die Gehilfen des Chemikers, welche als WaschkrĂ€fte die GlĂ€ser und Apparaturen reinigten und instand hielten. FĂŒr Routinearbeiten wurden Laborgesellen eingesetzt. Die Laborgesellen kĂ€mpften lange Zeit um die Anerkennung ihres Berufsstandes. In den 40er Jahren anerkannte das Bundesamt fĂŒr Industrie, Gewerbe und Arbeit - BIGA (heute SECO), den Beruf schliesslich. Frauen wurden als Laborantinnen oft in der Betreuung der Versuchstiere eingesetzt, weshalb sie im Volksmund den Übernamen 'MĂ€usespritzen' bekamen.

Siehe auch Laborant

Arbeiter


Der Bedarf an ArbeitskrĂ€ften wurde vor allem durch Zuwanderung aus der Schweiz oder aus dem Ausland gelöst. Die GrenzgĂ€nger aus dem benachbarten Elsass und dem Badischen waren ebenfalls eine wichtige StĂŒtze fĂŒr die wirtschaftlichen Entwicklung.

Die angelernten Arbeiter fĂŒhrten die Arbeit in den Lokalen durch. Dazu brauchte es Kraft und ZuverlĂ€ssigkeit. Die Arbeit war extrem gefĂ€hrlich fĂŒr die Gesundheit, wie die lange Geschichte des Anilinkrebses als Begleiterscheinung der Farbstoffchemie schmerzlich zeigte. Im Volksmund hiessen die Lokale denn auch 'Giftlokale'.

Die Arbeiter organisierten sich. Nach der Jahrhundertwende 1900 fusionierten die BerufsverbÀnde 1903 bzw. 1908 zum Textilarbeiterverband (Gewerkschaft Textil, Chemie, Papier, GTCP). mehr. Das Kommunistenverbot 1940 im Kontext der geistigen Landesverteidigung kostete vielen aktiven Gewerkschaftsmitgliedern die Stelle. Trotzdem erhöhte sich der Organisationsgrad in den chemischen Betrieben gegen Ende des Zweiten Weltkrieges.

Die Werkleitung begegnete der Organisierung mit der EinfĂŒhrung von gewĂ€hlten Arbeiterkommissionen. Die starke PrĂ€senz der Gewerkschaften dauerte bis in die 50er und 60er Jahre an. Erst mit der Automatisierung und der Delokalisierung der Betriebe im globalen Massstab wurde die Macht der Gewerkschaften zurĂŒckgeschnitten. Die in den 70er Jahre eingefĂŒhrten Rationalisierungsmassnahmen, die Mechanisierung und dann die Automatisierung vieler Arbeitsschritte in der Produktion verlangte auch nach spezialisierteren ArbeitskrĂ€ften.

Es wurden neue Berufe eingefĂŒhrt:

Chemikant


4-jÀhrige Berufslehre, konnte auch als Erwachsenenlehre bei vollem Lohn gemacht werden. Siehe auch Chemikant

Cheminist


2-jÀhrige Berufslehre, konnte auch als Erwachsenenlehre bei vollem Lohn gemacht werden. Mehr zum Cheministen.

Frauen in der Produktion


Frauen wurden vor allem in der Konfektionierung der Heilmittel eingesetzt. Zuschweissen der Ampullen, EinfĂŒllen und Verpacken der Medikamente etc. Frauen wurden ebenfalls in den VersuchsfĂ€rbereien und -wĂ€schereien eingesetzt.

Weitere Facharbeiter


Anfangs gab es den gelernten Beruf des FÀrbers, welcher in den VersuchsfÀrbereien arbeitete. Ebenfalls waren diverse Berufe der Holzverarbeitung verbreitet, da die Kessel und Standen alle aus Eichenholz gefertigt waren. Mit der Zeit wurden die Berufe der Metallverarbeitung wichtig wie Schlosser und Mechaniker. Mit der Elektrifizierung der Betriebe kam der Elektriker dazu.

Angestellte in der Verwaltung


Vom Beginn des 20. Jahrhunderts an wurden Frauen in der Verwaltung eingesetzt. Sie lösten den Kontor ab, welcher bisher die Buchhaltung machte. Sie organisierten sich mit den MĂ€nnern im Angestelltenverband und kĂ€mpften fĂŒr einen Gesamtarbeitsvertrag.

Berufe Ende 19. Jahrhundert in Kleinbasel


Im Verein des ersten sozialdemokratischen Quartiervereins in Basel (siehe konnten anhand der Protokolle der Jahre 1893 bis 1899 und AdressbĂŒchern folgende Berufe festgestellt werden:

BerufAnzahl Nennungen
FĂ€rbergeselle5
Wirt4
Fabrikarbeiter3
Posameter3
Farbarbeiter2
Schreinergeselle2
Mechanikergeselle2
Taglöhner2
Malergeselle2
Zementarbeiter2
GĂ€rtnermeister2
SeidenfÀrbergeselle1
MusterfÀrber1
Fergger1
SĂ€ger1
Holzmaschinist1
Monteur1
Schlossergeselle1
Schmiedmeister1
Stuhlschreinergeselle1
AuslÀufer1
Kommis1
Lok-Heizer1
Malergeselle1
Sattler1
Tapezierer1
Zeichner1
Dekorationsmaler1
Steindruckergehilfe1
Kaufmann1
Kaufmann (Lumpen, alte Metalle, Knochen)1
Handelsreisender1
Packer1
Lehrer1
Sekundarlehrer1
Cigarrenmacher1
Steinhauergeselle1
Trödler1
Kanzlist1
Dr. jur.1
Bierbrauer1
eidg. Zollaufseher1
Redaktor1

1893 Chemikant Lehrling Gewerkschaft Labor Chemiker Cheminist Techniker Laborant Angestellenverband Einwanderung Sandmeyer

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